„Die Ausstellung München 1908“ war die erste Veranstaltung in dem von der Stadtgemeinde München mit einem Kostenaufwand von 8 Millionen Mark neugeschaffenen städtischen Ausstellungspark auf der Theresienhöhe.“ Gestalterisch beeindruckend sind drei Besonderheiten: die Architektur, die Ausgestaltungen und das anschließende grüne Gelände. Dazu muss sich der heutige Betrachter eine harmonische Zusammenstellung von Gebäuden auf dem Gelände vorstellen: Ausstellungshallen, ein Künstlertheater, ein Theater-Café, Terrassen mit Skulpturen, eine achteckige Frühstückshalle, Kirchenraum, Laubengang. Daran schloss sich der Park mit Vergnügungsstätten an. Die Werbebroschüre „München 1908“, der Titel des Kartenheftes mit Gutscheinen, Anzeigen in der „Jugend“ und der Entwurf der Lose für die große Ausstellungs-Lotterie enthalten viele Zeichnungen, die von Paul Neu entworfen wordenwaren.

In der von Prof. Richard Riemerschmid gestalteten Frühstückshalle malte der Künstler den Fries aus mit einem Aufmarsch der Beteiligten an einer großen Familienfeier. Dem Hochzeitspaar voran gehen die Schwiegereltern, dann schwenken die Honoratioren eine Fahne „In Treue fest“, gefolgt von der Kapelle, dem Festmahl, einer großen Kinder-schar, Brauburschen mit Bierfässern und einer Bier-krüge schwenkenden Studen-tengruppe. Das vollständige umlaufende achteckige Bild war anlässlich der Ausstellungen 1908 und 1910 auf vier Postkarten zusammenhängend abgebildet.

In Halle V am Stand der Fa. Harrach „... achte man besonders auf die in der Form reizenden und köstlich bemalten Windfahnen.“, entworfen von Paul Neu.

Die dritte große Arbeit war in der Nahrungsmittelhalle zu betrachten. Neu bestellte bei der Bayerischen Hofglasmalerei Gustav van Treeck auszuführende Bleiglasfenster für den Raum der Kolonialwarenhändler nach seinen Entwürfen (Auftrag Nr. 572). Über derartige Arbeiten wird noch des öfteren zu berichten sein.

„Volksfeste erfreuen mich besonders“ sprach Kronprinz Ludwig am ersten Oktoberfest zu der Abordnung der Bürgerwehr im Jahre 1810. 100 Jahre später bringt die Münchener Zeitung eine Chronologie dieses Zeitverlaufs in der Ausgabe vom 17. September.19) Im „Volksbuch“ zur Jahrhundertfeier lesen wir auf S. 55: „Noch am letzten Tage des Juni trat das Oktoberfestjubiläum in Münchens Straßen zum erstenmal in die öffentliche Erscheinung, indem an den Straßenecken und Litfaßsäulen das nach dem Entwurfe des Kunstmalers Paul Neu...in Buntfarbendruck hergestellte offizielle Programm des Magistrats für die Jubiläumsfeier plakatiert wurde.“20) Dieses Plakat wurde an alle bayerischen, an andere deutsche, österreichische und schweizerische Städte und Bahnhofsverwaltungen in einer Auflage von 5000 Exemplaren verschickt. Ein zweites Plakat entwarf er für die Jubiläumslotterie mit folgendem Vierzeiler:

„B´sinn di net
und greif´schnell zua
Treffer hab´n ma
Ja grad gnua!“
Nochmals zur Festschrift, die vom Archivrat Ernst v. Destouches für die Stadt München herausgegeben worden war. Auf der Umschlagzeichnung (auch auf meinem Werkverzeichnis von 2005 abgebildet) thront das Münchner Kindl auf einem erhöhten Podest, symbolisch eingerahmt von den Trachtlern, den Schützen, den Reitern und der Landwirtschaft. Nach der ausführlichen Geschichte haben im zweiten Abschnitt bayerische Schriftsteller ihre Jubiläumswünsche und Schmonzetteln dargebracht, alles herrlich farbig illustriert vom Neu, Paul. Zwei Jahre später kam noch eine zweite Schrift als Rechenschaftsbericht, in der der Künstler nochmals ausgiebig gewürdigt wurde, u.a. mit einer Abbildung des oben erwähnten Jubiläumsplakates. Auch hier stammte der Entwurf des Einbandes von ihm.




ImpressumKontakt