Cisaria-Haus

Am 1. Juni 1908 wurde in der Münzstraße 2 in München ein seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts dort befindliches Haus abgerissen, um einen Neubau in Eisenständerkonstruktion mit Hauptverbindungsträgern zu errichten. Durch diese Konstruk-tion sollte verhindert werden, dass die benachbarten Häuser mit altem Mauerwerk den Neubau in seiner Standsicherheit hätten gefährden können. Verantwortlich für den Neubau war der städt. Baurat Richard Schachner. Er war in der Jubiläumsschrift des A.A.V.M. von 1907 lobend erwähnt worden: „... muss noch der mannigfaltigen Werke des jüngsten Mitglieds der Körperschaft, des Bauamtmanns Schachner, gedacht werden. ... ganz besonders fallen die gemütlichen Arbeiten Schachners in Auge...“.15) Warum hebe ich das hervor? Weil Paul Neu daran beteiligt war. Anknüpfend an die Arbeiten auf dem Münchner Messegelände wurde er bei der Gestaltung der „Regensburger Wurstküche“ und des Domizils des Corps Cisaria umfassend beschäftigt. Lassen wir dazu Schachner in einer Schrift von 1909 berichten:
„Einen besonderen Schmuck der großen Kneipe bilden die drei großen mit Glasmalereien nach Kartons von P. Neu geschmückten Fenster. Die Glasmalereien,




die das Gaudeamus igitur im Bilde verherrlichen, sind eine Stiftung der Damen des Corps. Maler Neu hat sowohl, was die einzelnen Zeichnungen wie auch die Gesamtanordnung der Bilder betrifft, eine geschickte Hand gezeigt und die Hofglasmalerei von Ostermann & Hartwein auf die Ausführung der Glasmalereien eine Sorgfalt und Liebe verwendet, die sich allgemeiner unbeschränkter Anerkennung und Wertschätzung erfreuen darf.“16) Das war nicht alles. Im Erdgeschoss war die Gaststube der traditionellen Regensburger Wurstküche mit einer Wandbemalung aus dem Studentenleben als Fries ausgeschmückt mit der Überschrift: „Kanns was schöneres geben als Studentenleben“ wie auch Illustrationen zu dem Liede „Als wir jüngst in Regensburg waren“. Die Bleiglasfenster-Einsätze im großen Fensterbogen zeigen Szenen wie „Die gekränkte Leberwurst“, „Der Schwartenmagen“, „Die Salami“ und „Der Schinken“. Im Kneipsaal im 2. Obergeschoss bestimmen drei hohe Bleiglasfenster den Raum von der Fensterbrüstung bis zum Plafond. Die Jugendstil-Fenster sind harmonisch über die ganze Höhe mit studentischen Szenen, mit dem Bayerischen Wappen und dem Münchner Kindl ausgeschmückt. Auch an der Außenfront hatte Paul Neu noch Hand angelegt. Von ihm „stammen die Zeichnungen für die Wirtshauslaterne mit dem Auslegearm. Das gleichfalls von P. Neu entworfene Zeichen der Wurstküche mit dem Wurstkranze und die Aufschrift „Löwenbräubier“ (recte: „Hofbräu“) leuchten aus der Laterne nächtlich weithin...“. Die Glasfenster im Kneipsaal wurden in der Kriegszeit ausgelagert und sind nun – wieder eingebaut – wie vor hundert Jahren prachtvoll erhalten.17)




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